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Quelle | Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München |
Der Blaue Reiter. Eine neue Sprache
Lenbachhaus
Elisabeth Iwanowna Epstein, Selbstporträt, 1911, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau Münc
2024
Die Veranstaltung
"Die Sprache der Natur ist eine andere, als die Sprache der Kunst. Man kann von einer Sprache in die andre nur übersetzen, nicht abschreiben. Außer wörtlicher und freier Übersetzung gibt es noch die berechtige Form der Umdichtung." (Gabriele Münter)
Im Zuge der Kooperation zwischen Lenbachhaus und Tate fand vom 25. April bis 20. Oktober die Ausstellung "Expressionists. Kandinsky, Münter and the Blue Rider" mit zahlreichen Leihgaben aus der Lenbachhaus-Sammlung in London statt. Für das Lenbachhaus mit der weltweiten größten Sammlung zur Kunst des Blauen Reiter stellt dies eine Chance dar, Sammlungshighlights, die nicht reisen, zusammen mit bisher selten gezeigten Arbeiten der Künstler*innen des Blauen Reiter zu präsentieren und ihr Schaffen in einen größeren zeitgeschichtlichen Kontext zu setzen.
Als Teil der umfangreichen Secessions-Bewegungen um 1900 reichen die Wurzeln des Blauen Reiter bis zur Kunst des Jugendstils und des Impressionismus zurück. Das Interesse an Volkskunst, Kinderkunst, japanischen Holzschnitten, bayerischen Hinterglasbildern und den internationalen Avantgarden sowie das Bedürfnis nach freier künstlerischer Entfaltung wurde zu den Grundfesten des Blauen Reiter. Der intensive Austausch zwischen Künstler*innen wie Gabriele Münter, Wassily Kandinsky, Franz Marc, Maria Franck-Marc, August Macke, Alexej Jawlensky, Marianne von Werefkin, Robert Delaunay und Elisabeth Epstein ließ eine produktive Gruppendynamik entstehen. Gemeinsam wurde nun nach einer neuen Sprache in der Kunst gesucht. Es ging nicht um eine Einheitlichkeit der formalen Mittel, sondern um den Ausdruck kollektiver Ideen: den Wunsch nach einer Sichtbarmachung des subjektiv Erlebten, nach transnationalem Dialog und nach einer visuellen Sprache für das Spirituelle bzw. Geistige. Genau jenes Streben findet in den Werken der Künstler*innen des Blauen Reiter facettenreiche Umsetzung: von den Abstraktionen Kandinskys und Marcs bis hin zu Jawlenskys, Münters und Werefkins expressiven Menschen- und Naturdarstellungen.
Die Entwicklung einer neuen Sprache steht im Fokus der Neupräsentation, die den Blick auch auf die unmittelbare Vorgeschichte des Blauen Reiter sowie auf seine Nachwirkungen lenkt: So sind etwa die um die Jahrhundertwende in München tätige Jugendstil-Künstlerin Katharine Schäffner mit ihrem dynamischen und die Abstraktion antizipierenden Druckwerk und Gabriele Münters durchkomponierte Fotografien während ihrer Amerikareise für diese Geschichte ebenso prägend wie die Arbeiten von Adriaan Korteweg und Paul Klee, die in ihren Bildern die Ideen des Blauen Reiter weiterentwickeln. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 markiert das Ende des Blauen Reiter. In den Kriegs- und Exiljahren finden die Protagonist*innen jedoch zu wiederum neuen Bildsprachen. So stellen zum Beispiel Münter und Epstein eine direkte Verbindung zwischen dem Blauen Reiter und der Neuen Sachlichkeit dar, zu der das spätere Werk der beiden Künstlerinnen zu zählen ist.
Teil der Neupräsentation ist ein kuratierter Bibliotheks- und Filmbereich. Ersterer versammelt Literatur, die Diskurse und Themen aufgreift, die für den Blauen Reiter relevant sind: Neben theoretischen Ansätzen zum Konzept der Abstraktion und deren Verhältnis zu dem von Kandinsky beschworenen "Großen Geistigen" zählen dazu auch sozialgeschichtliche Fragestellungen wie etwa die Beziehungen des Blauen Reiter zum "Exotismus" und Kolonialismus. Zeitgenössische Filme, die als damals noch junges Medium ebenfalls um das Finden einer neuen Sprache bemüht waren und gerade dadurch auch für Künstler*innen wie Münter prägend waren, ergänzen die Ausstellung.
Anhand einer Auswahl von ca. 240 Werken, darunter Gemälde, Grafiken, Hinterglasbilder, Fotografien und Skulpturen, führt die Ausstellung von der bewegten Zeit um die Jahrhundertwende bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche Arbeiten waren lange nicht mehr zu sehen, wie die Werke Paul Klees und die dynamischen Abstraktionen Wassily Kandinsky aus dem Jahr 1914. Aktuelle Neuankäufe des Fördervereins des Lenbachhauses werden erstmals präsentiert, darunter Werke von Franz Marc, Maria Franck-Marc sowie von dem im Nationalsozialismus verfolgten und ermordeten Künstler Moissey Kogan.
Kuratiert von Melanie Vietmeier, Nicholas Maniu und Matthias MühlingEine Kooperation mit der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung
Mit freundlicher Unterstützung des Förderverein Lenbachhaus e.V. und der Herbert Schuchardt-Stiftung