Münstraße 35, 86956 Schongau, Deutschland
entfernt
|
Münzgebäude
Quelle: Pfaffenwinkel - Natürlich Oberbayern!, Autor: Stadt Schongau
Beschreibung
Das sogenannte Alte Münzgebäude steht am Ende der Hauptverkehrsachse der Schongauer Altstadt in der Münzstraße. Es ist Teil der Stadtmauer und geht im Kern auf das nach Norden führende Münzmeistertor zurück.
Audiokommentar zur Station 8, Münzgebäude
Auszug aus dem Audiokommentar von Oliver Pötzsch:
Der Name dieses historischen Baus täuscht. Im sogenannten Schongauer Münzgebäude wurden wohl nie Münzen gepresst, allenfalls wohnte hier in der Nähe mal der Münzmeister. Die eigentliche Funktion des Gebäudes ist eine viel grausigere: An dieser Stelle erhob sich einst die Fronveste, also das Stadtgefängnis und eben auch die Folterstätte. Wenn Sie so wollen, stehen Sie vor dem Arbeitszimmer meiner Vorfahren. Viele Szenen in meinen Romanen spielen deshalb hier.
Auch wenn es heutzutage nur schwer vorstellbar ist: Bis weit ins 18. Jahrhundert war die Tortur ein wichtiger Bestandteil in der Rechtsprechung. Es gab keinen Indizienprozess – um einen Täter zu verurteilen, brauchte man ein Geständnis. Und wenn dies nicht freiwillig erfolgte, dann half man eben nach. Dafür waren meine Ahnen zuständig. Oft reichte es schon aus, den Verdächtigen die Folterinstrumente zu zeigen. Wenn sie nicht freiwillig gestanden, erfolgte die Tortur in mehreren Härtegraden. Alles wurde fein säuberlich protokolliert, so als sollte die Bürokratie das schreiende Unrecht übertünchen.
Für Folter und Hinrichtungen gab es eine genaue Honorar-Liste, nach der auch die Kuisls bezahlt wurden. Das Aushauen mit der Rute kostete 47 Kreuzer, das Abhauen einer Hand brachte bereits einen Gulden, das Torquieren, also die Folter einer Hexe, 2 Gulden 30 Kreuzer. Besonders gut bezahlt war der Scheiterhaufen, der mit zehn Gulden zu Buche schlug.
Als Nachfahre einer Henkersdynastie ist es mir wichtig zu betonen, dass Scharfrichter in den meisten Fällen wohl keine Sadisten waren. Man übte eben jenen Beruf aus, den Gott für einen vorgesehen hatte. Folter und vor allem Hinrichtungen erschienen den meisten Menschen als gerecht. Trotzdem fiel das Töten den Scharfrichtern sicher nicht immer leicht – vor allen, weil sie wussten: Wenn die Hinrichtung nicht ordnungsgemäß verlief, wurden sie schnell selbst Opfer von Lynchjustiz. Im Band „Die Henkerstochter und der Teufel von Bamberg“ ist im Prolog eine solche Szene beschrieben. Sie beruht auf einer wahren Begebenheit.
Wohl auch deshalb waren etliche Scharfrichter wahre Quartalsäufer. Aus Nördlingen ist ein Fall überliefert, bei dem der Henker statt einem Kopf auf der Richtstätte derer sieben gesehen hat. Die Hinrichtung verlief demensprechend blutig. Es heißt, seine Frau hätte die Sache dann zu Ende gebracht.